Einsteiger-Rennrad oder Profi-Modell: die Unterschiede

Rennrad ist nicht gleich Rennrad. Jede Saison bringt neue Varianten, egal ob Gravel, Bikepacking oder Aero-Racer. Und dann auch noch in diversen Preisklassen, von Einsteiger-Modellen bis hin zu High-End-ProfirÀdern. In diesem Bericht werden wir uns die Unterschiede zwischen Einsteiger-Rennrad und Profi-Modell genauer ansehen.

Die Kaufentscheidung

Einsteiger-RennrĂ€der sind in der Regel preisgĂŒnstiger und fĂŒr Fahrer konzipiert, die gerade erst mit dem Rennradfahren beginnen. Diese RĂ€der sind oft aus Aluminium gefertigt und haben einfachere Komponenten als ihre teureren GegenstĂŒcke. Einsteiger-RennrĂ€der haben meist eine aufrechtere Sitzposition als Profi-Modelle, was fĂŒr AnfĂ€nger angenehmer und weniger belastend ist. Die meisten Einsteiger-RennrĂ€der haben auch eine leichtere Übersetzung, um den Fahrer:innen das Fahren auf steilen Anstiegen und lĂ€ngeren Strecken zu erleichtern.

Die QualitĂ€t der Rahmen und Komponenten, die es heute auf dem Markt gibt, ist derart hoch, dass die Grenzen allerdings immer mehr verschwimmen. Man könnte sagen, es gilt die 80/20 Regel. Die Einsteigerklasse legt die Basis von 80 % der Möglichkeiten, die restlichen 20 % muss man sich teuer erkaufen.

Die Kaufentscheidung richtet sich natĂŒrlich erstmal nach dem Budget, allerdings auch nach der Rennrad-Klasse bzw. Anwendung. Ich selbst bin großer Fan von sog. Allroad Bikes – also RennrĂ€dern, die auch mal Offroad bewegt werden können, aber doch keine klassischen Gravelbikes darstellen. Also zuallererst klĂ€ren, wo und wie will ich fahren und welches Budget steht mir zur VerfĂŒgung.

Henris erstes Rennrad: Aluminiumframe mit Felgenbremsen

Die Komponenten, auf die es ankommt

Ein Rennrad bzw. Gravelbike besteht grundsÀtzlich auch den folgenden Komponenten:

  • Rahmen (Material meist Stahl, Carbon oder Aluminium)
  • Schalt- & Bremsgruppe (meist von einem der drei Hersteller: Shimano, SRAM oder Campagnolo)
  • LaufrĂ€der (Felgen aus entweder Aluminium oder Carbon)
  • Anbauteilen wie Lenker, Sattelstange, Sattel usw. (Stahl oder Carbon)

Jede einzelne Komponente kann nun entweder teuer oder gĂŒnstig, schwer oder leicht, weich oder steif sein (und noch andere Eigenschaften haben, die sich unterscheiden). Das Material, aus dem die einzelne Komponente gefertigt ist, ist dabei entscheidend. Ganz grundsĂ€tzlich gilt:

  • Carbon: leicht, steif und teuer
  • Stahl: schwer, relativ weich (je nach Anwendung) und mittleres Preissegment
  • Aluminium: mittelschwer, extrem steif und relativ gĂŒnstig

Aus diesem Grund kann man pauschal sagen, dass EinsteigerrÀder eher aus Aluminium gefertigt werden und Profi-RennrÀder aus Carbon. Wichtig dabei ist auch zu wissen, dass es zwar vor allem um Gewichtseinsparung geht, aber eben nicht nur. Carbon hat noch sehr viel mehr gute und positive Eigenschaften. Zum Beispiel kann man Carbon in der Weise konstruieren, dass es sich bei Krafteinwirkung in verschiedenen Richtungen auch verschieden verhÀlt. Das wiederum hat mit dem Komfort beim Fahren zu tun.

Henris zweites Rennrad: Ein Cannondale Synapse mit Carbonrahmen, pure comfort

Rennradtypen und Varianten

Abseits der grundlegenden Differenzierung zwischen Rennrad oder Gravelbike gibt noch innerhalb jeder Klasse große Unterschiede. Im Rennrad-Bereich spricht man oft von Endurance RĂ€dern vs. Race Bikes bzw. Aero RennrĂ€dern. Endurance RĂ€der sind fĂŒr lange Ausfahrten gebaut und deswegen am komfortabelsten zu fahren. Das hat mit den Abmessungen der einzelnen Rohre im Rahmen zu tun. Diese Abmessungen in ihrer Gesamtheit nennt man Geometrie. Und um genau diese Geometrien von unterschiedlichen Fahrrad-Rahmen vergleichbar zu machen, gibt es 2 Werte:

  • Stack: sozusagen die Höhe des Fahrrads bzw. des Lenkers. Je höher, desto entspannter sitzt man am Fahrrad.
  • Reach: die LĂ€nge des Fahrrads. In diesem Fall gilt: je kĂŒrzer das Fahrrad, desto entspannter die Sitzposition.

Leider kommt die entspannte Sitzposition auch mit einem Nachteil: Man sitzt nicht wirklich aerodynamisch am Rad und hat deswegen Nachteile in der Performance.

Die Standert KreissÀge RS: Ein Rennrad mit sehr spezieller Geometrie: sehr kurzer Reach und Stack.

Sidestep AERO: Physikalisch gesehen ist der Luftwiderstand das zu ĂŒberwindende Element beim Fahrradfahren. Der Rollwiderstand der Reifen ist beinahe schon vernachlĂ€ssigbar. Deswegen sind AERO Bikes auch in der Tat schneller als Endurance Bikes, da der Kraftaufwand beim (schnellen) Fahren geringer ist. Die Auswirkung ist umso grĂ¶ĂŸer, je schneller man fĂ€hrt. Deswegen ist auch der Windschatten so essenziell wichtig, wenn man in der Gruppe fĂ€hrt.

Sidestep Gewicht: Gewichtsreduktion (korrekt Massereduktion) ist ein großer Kostentreiber bei der Fahrradkonstruktion. Je leichter, desto teurer kann man deswegen generell sagen. Die grĂ¶ĂŸten Auswirkungen des Fahrradgewichts sind natĂŒrlich in den Anstiegen zu bemerken. Auch die Beschleunigungswerte sind besser bei leichteren RennrĂ€dern, speziell bei leichteren LaufrĂ€dern. Wie viel Geld man in die Gewichtsreduktion investieren will, ist sicher eine persönliche Entscheidung. Werte rund um 8 kg Gesamtgewicht sind aber schon sehr ordentlich und gut.

Carbon Aero von Focus und Leeze: das Izalco Max

Die Top 5 Einsteiger-Rennrad Upgrades

Welche Teile sind die besten Upgrades an Einsteiger-RennrÀdern? Die Antwort auf diese Frage ist relativ einfach zu formulieren, da sich auch hier das Kosten / Nutzen VerhÀltnis als Kriterium anbietet.

  1. SchlÀuche! Standard ist ein sog. Butyl Schlauch, ein relativ schwerer und dicker schwarzer Fahrradschlauch mit durchschnittlichen Laufeigenschaften. Diese SchlÀuche sind billig und haltbar und werden darum gerne von den Herstellern verbaut. Das einfachste Upgrade ist in diesem Fall ein Latex Schlauch. Die sind meist pink oder rot, je nach Hersteller, und haben sehr viel bessere Fahr-Eigenschaften. Kostenpunkt 10-20 Euro. Falls die LaufrÀder tubelessfÀhig sind (und nur dann!) kann man auch ganz auf SchlÀuche verzichten und die Reifen direkt auf den Felgen dichten (dazu notwendig ein spezieller Ventiladapter und Dichtmilch).
  2. Reifen: Ähnlich wichtig wie die SchlĂ€uche sind, die natĂŒrlich die Reifen, hier gibt es große Unterschiede beim Preis, aber auch beim Abrollverhalten. Auf EinsteigerrĂ€dern sind oftmals eher durchschnittliche Reifen montiert, ein Upgrade lohnt sich fast immer. Ein weiter Vorteil des Upgrades liegt in der Tatsache, dass man auch die Reifenbreite auf den persönlichen Geschmack Ă€ndern kann (innerhalb der Möglichkeiten des Rahmens). Dabei gilt: je breiter, desto komfortabler, aber auch desto weniger aero. Wer es ganz genau wissen möchte, wie es sich mit dem Rollwiderstand verhĂ€lt, schaut auf bicyclerollingresistance.com nach.
  3. Kontaktpunkte: Die Themen Komfort beim Fahren und Ausdauer sind eng verbunden. Je komfortabler das Rennrad, desto lĂ€nger kann die Ausfahrt sein. Und deswegen sind auch die Kontaktpunkte von Körper und Rennrad so wichtig. Eine extrem steife und harte SattelstĂŒtze macht wenig Spaß, ist hingegen die SattelstĂŒtze mit geeignetem Flex ausgestattet, fĂŒhlt sich das sehr viel besser an. Ähnliches gilt auch fĂŒr den Rennrad-Lenker. Das Material der Wahl ist in beiden FĂ€llen Carbon, da es sich an die Anforderungen genau anpassen lĂ€sst. Die Wahl des richtigen Sattels ist sehr individuell – Unternehmen wie SQLab oder Ergon bieten gute Hilfestellung, aber auch andere Sattelhersteller bieten verschiedene GrĂ¶ĂŸe und Modelle fĂŒr die unterschiedlichen Körperanatomien.
  4. Kassette & KettenblĂ€tter: Oft sind die Übersetzungen der neuen Bikes auf den Durchschnitt der Fahrer abgestimmt. Wenn aber sehr viele Berge oder vielleicht auch keine Berge gefahren werden sollen, dann empfiehlt es sich, die Übersetzung des Antriebs zu verĂ€ndern. Dazu kann man die KettenblĂ€tter an der Kurbel austauschen oder meist einfacher die Ritzel-Kassette am Hinterrad. Die Regel dazu: je grĂ¶ĂŸer die Ritzel am Hinterrad (je mehr ZĂ€hne), desto leichter fĂ€hrt man den Berg hoch. FĂŒr eine sorgfĂ€ltige Auswahl der Übersetzungsoptionen gibt es diverse Konfiguratoren wie z. B. gear-calculator.com
  5. LaufrĂ€der: Die LaufrĂ€der von Einsteiger-Bikes sind oft sehr einfach gehalten – vor allem natĂŒrlich aus KostengrĂŒnden. Gute LaufrĂ€der kosten gutes Geld, selbst wenn sie nicht aus Carbon gefertigt sind. Kriterien fĂŒr die Wahl der LaufrĂ€der sind neben dem Gewicht auch Steifigkeitswerte und die Wahl der Naben (gute Lager im Inneren der Nabe sind im Long-Run wichtig). Ab ca. 300 Euro ist man hier in einem guten Bereich. Nach oben gibt es allerdings fast kein Limit.

Die Profimodelle und ihre Vorteile

ProfirĂ€der gibt es in allen Klassen. Es gibt top Aero RĂ€der genauso wie top Endurance RĂ€der. Es geht eigentlich immer darum, die besten Rahmenkonstruktionen aus Carbon mit den besten Schaltgruppen der diversen Hersteller zu kombinieren. Die Performance ist dabei oft nicht wahnsinnig, viel besser als bei den EinstiegsrĂ€dern – wie so oft geht es um Details und das Gewicht. Dennoch muss man sagen, dass es sehr großen Spaß macht, mit „perfekten“ RennrĂ€dern unterwegs zu sein.

Henri mit dem LaPierre Xelius, ein Profirad mit Profiausstattung

Zusammenfassend lĂ€sst sich sagen, dass Einsteiger-RennrĂ€der aus Aluminium mit z. B. einer Shimano 105 Schaltgruppe schon extrem gute RennrĂ€der darstellen. Mit einigen wenigen Upgrades speziell in Richtung Komfort (Lenker, Sattelstange, Sattel) bekommt man auf diesem Wege sicher das beste Preis / LeistungsverhĂ€ltnis. Mein ganz persönlicher Anspruch liegt im mittleren Bereich. Eine Shimano Ultegra oder SRAM Force Gruppe auf einem guten Carbon oder Aluminium-Rahmen ergibt eine wunderbare Kombination fĂŒr viele schöne Erlebnisse am Rad.