Das Bergabfahren mit dem Rennrad gehört zu den spannendsten Momenten jeder Tour – aber es kann auch Respekt einflößen, besonders für Einsteiger. Die richtige Technik ist entscheidend, um sicher und mit Freude jede Abfahrt zu meistern. In diesem Artikel findest du kompakte Tipps, um souverän bergabzufahren.
Warum ist die richtige Technik so wichtig?
Abfahrten stellen hohe Anforderungen an deine Kontrolle und Konzentration. Unsicherheiten oder falsches Bremsen können riskant sein. Mit der richtigen Haltung, Bremsstrategie und Kurventechnik behältst du die Kontrolle, fährst sicher und kannst dabei sogar deine Geschwindigkeit genießen.
Die Grundlagen des Bergabfahrens
1. Körperhaltung
Die richtige Körperhaltung ist essenziell, um stabil und sicher bergabzufahren:
Tief und stabil: Lege deine Hände in den Unterlenker (Drops) und senke deinen Oberkörper, um deinen Schwerpunkt nach unten zu bringen. Das gibt dir nicht nur Stabilität, sondern reduziert auch den Luftwiderstand – perfekt für schnelle und kontrollierte Abfahrten.
Mehr Kontrolle in den Drops: Auch wenn es anfangs Überwindung kosten kann, in den Unterlenker zu greifen, lohnt es sich! Hier hast du mehr Kontrolle über dein Rennrad, insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten oder in Kurven. Deine Bremsen sind besser erreichbar und du kannst das Rad stabiler führen. Bitte unbedingt üben!
Locker bleiben: Halte Schultern und Arme entspannt, um Unebenheiten der Straße auszugleichen. Eine verkrampfte Haltung überträgt Stöße direkt auf dein Rad und macht es schwieriger, ruhig zu bleiben.
2. Bremsen
Nie gleichzeitig lenken und bremsen! Warum das wichtig ist:
Das gleichzeitige Bremsen und Lenken solltest du unbedingt vermeiden, besonders in Kurven. Warum? Die Physik macht dir hier einen Strich durch die Rechnung: Beim Bremsen wird dein Rad stark auf die Geradeaus-Bewegung ausgerichtet, da die Reifen ihre Haftung vor allem für die Verzögerung nutzen. Wenn du gleichzeitig lenkst, verteilst du diese Haftung auf zwei Aufgaben: Bremsen und Kurvenfahrt. Das Risiko, dass die Reifen wegrutschen, steigt deutlich – vor allem auf losem Untergrund oder bei Nässe.
Die Lösung: Bremsen und Lenken immer trennen!
- Bremse vor der Kurve ab, bis du die gewünschte Geschwindigkeit erreicht hast.
- Lasse die Bremsen los und konzentriere dich auf die Kurvenlinie.
Richtige Kurventechnik für Abfahrten
- Kurvenlinie: Fahre außen an, nähere dich zur Kurvenspitze (Scheitelpunkt) innen und beende die Kurve wieder außen. So erhältst du den größtmöglichen Kurvenradius.
- Pedalposition: Halte das Pedal und Bein auf der Innenseite der Kurve oben, um Bodenkontakt zu vermeiden. Dies sehe ich so oft bei Rennrad-Anfängern falsch. Mit ein bisschen Übung macht ihr das irgendwann wie im Schlaf.
- Schwerpunkt: Verlagere dein Gewicht leicht nach innen und halte das Rad aufrecht. Manchmal kann es mental helfen, wenn man sich vorstellt, man legt mehr Gewicht auf den inneren Arm und das äußere Bein in der Kurve.
- In die Kurve schauen: Schaue dahin, wo du hinfahren willst und auf keinen Fall auf Hindernisse, die du vermeiden willst.
Als ich angefangen habe mit Rennradfahren hat mich Bergabfahren auch vor eine große Herausforderung gestellt. Ich habe dazu ein Kurvenlied gedichtet, das ich bei jeder schwierigen Abfahrt vor jeder Kurve gesungen hab. Das ging ungefähr so:
Bremsen bremsen bremsen, in die Kurve schauen, loslassen, durchfahren (müsst ihr euch jetzt nur angstverzerrt gesungen vorstellen 😛 )
Häufige Fehler beim Bergabfahren
- Zu starkes Bremsen: Permanentes Bremsen kann die Bremsklötze oder Felgen (wenn du Felgenbremsen am Rad hast) überhitzen und deine Stabilität beeinträchtigen. Wenn du eine lange Abfahrt vor dir hast und viel bremsen musst, versuche rechts und links im Wechsel zu bremsen, damit deine Bremsen nicht überhitzen.
- Lenken und Bremsen gleichzeitig: Wie oben beschrieben, führt dies oft zu einem Kontrollverlust – vermeide es unbedingt.
- Verkrampfte Haltung: Lockerheit ist entscheidend, um Unebenheiten auszugleichen und entspannt zu bleiben.
Training für sichere Abfahrten
- Starte mit sanften Abfahrten und steigere dich langsam.
- Folge einem anderen Fahrer:in, die schon die optimale Technik hat. Dies kann einen ein bisschen aus seiner eigenen Comfort Zone herausbringen.
- Suche dir Strecken mit wenig Verkehr, um in Ruhe deine Technik zu verbessern.
Fazit: Bergabfahren mit dem Rennrad – Technik und Kontrolle
Mit der richtigen Technik und ein wenig Übung wird das Bergabfahren mit dem Rennrad schnell zu einem Highlight deiner Touren. Achte darauf, Bremsen und Lenken zu trennen, die richtige Linie zu fahren und stets vorausschauend unterwegs zu sein. So fährst du sicher – und mit viel Spaß!
Wenn ihr auf der Suche nach noch mehr Tipps für Rennradeinsteiger seid, findet ihr hier meine 5 Tipps, die jeder befolgen sollte. Wenn ihr ein gutes Erklär-Video zu dem Thema schauen wollt, kann ich euch meinen All-Time Favoriten von GCN empfehlen (old but gold).
Hab ich was vergessen? Lasst einen Kommentar da! 🙂
Hallo Henri, zwei kurze Anmerkungen zum Artikel Bergabfahren:
1. Linienwahl: Es sollte unbedingt -vor allem bei Linkskurven – darauf geachtet werden, die Kurve nicht zu schneiden. Dies passiert meist am Scheitelpunkt und kann bei Gegenverkehr sehr gefährlich sein. Ich bin mir nicht sicher ob Deine Beschreibung da passend ist: Ich würde es so beschreiben: Kurve außen anfahren, gleichmäßigen, runden Radius fahren, so dass die Kurve nicht geschnitten wird. Radius so wählen, dass man am Kurvenausgang in der Mitte seiner Fahrbahn ist, vor allem bei Rechtskurven den Radius so wählen, dass man auf keinen Fall auf die Fahrbahn des Gegenverkehr kommt.
Dies sind die beiden größten Fehler die man machen kann: Linkskurve am Scheitelpunkt so geschnitten, dass man. auf die Gegenfahrbahn kommt, Rechtskurve so angefahren, dass man am Kurvenausgang auf die Gegenfahrbahn kommt. Hab leider keine Grafik dazu, gibt’s aber im Internet. Die Kurven fahren ungefähr 70 Prozent aller Radfahrer, Motorradfahrer und Autofaher falsch.
2. Ich habe auch in der Kurve immer meine Finger an den Bremshebeln und bin bremsbereit, falls in der Kurve doch noch zu korrigieren ist. Natürlich sollte man in der Kurve nicht stark bremsen, mit leicht schleifenden Belägen kann man aber denke ich schon durchfahren und leicht nachkorrigieren.
Hallo Martin, da hast du natürlich recht, und es kommt aber auch hier ganz klar auf die Kurve an. Es gibt Abfahrten, da ist eventueller Gegenverkehr schon von oben gut erkennbar, da nutze ich auch mal die komplette Kurve. Aber natürlich sollte man den Gegenverkehr nicht unterschätzen und lieber ein bisschen Tempo herausnehmen auf viel befahrenen Straßen.