Während meines Radurlaubs hatte ich das erste Mal von RTFs gehört, die sich unter den Teilnehmerinnen großer Beliebtheit erfreuten. „Radtourenfahrten“ werden von sämtlichen Radsportvereinen mindestens einmal in der Saison durchgeführt. Diese Fahrten sind für „Jedermann“ (man braucht also nicht Mitglied im Verein oder wettkampfmäßig unterwegs zu sein).
Ein Jedermann bin ich auf jeden Fall und nach einem Blick auf den Breitensportkalender (hier zu finden) fiel mir auf, dass der RTF des RC Berliner Bär zufällig terminlich mit einer Dienstreise von mir nach Berlin übereinstimmte. Nachdem ich Anton erfolgreich motivieren konnte, mit dem Mietwagen aus München mit den Rädern nach Berlin nachzureisen (wer hier der Radverrückte ist, ist klar), fanden wir uns auch schon wenig später an einem wunderschönen sonnigen Samstag am Oberschulzentrum in Henningsdorf wieder, der Startpunkt des RTFs.
Nach der obligatorischen Teilnahmegebühr bekamen wir dann auch jeweils eine Startnummer und suchten uns die gewünschte Distanz (aufgrund meines sportlichen Anfängerstatus fiel die Wahl auf 110 km). Dann ging es plötzlich aufgeregt zu, das ganze Feld setzte sich in Bewegung und während ich noch ein paar Fotos machte, passierte es dann: Das Feld war ohne uns losgefahren. Für Anton sehr bitter. Ich verstand noch nicht so ganz wie dieses RTF-Ding funktioniert. Aber anscheinend darf man das Feld nicht verpassen, weil sonst gurkt man hinten alleine rum und überholt nur den einen oder anderen Ü60er.
Unsere Chance kam dann am ersten Pausenpunkt nach 30km. Pause brauchten wir eigentlich noch nicht. Aber es waren noch Teilnehmer aus dem „Feld“ vor Ort. Also schnell weiterfahren. Als uns dann die erste Gruppe fahrbereiter, hochmotivierter Freizeitradelmänner überholte, rief ich nur an Anton gerichtet „dranbleiben!“.
Und so fuhren wir dann irgendwie unsere allererste gemeinsame Gruppenfahrt.
Im zügigem 35er Schnitt ging es durch die Brandenburger Landschaft (denn wer hätte es gedacht, der RC Berliner Bär fährt gar nicht in Berlin). Durch die plötzliche Gruppendynamik motiviert, fuhr ich so lang schnell, wie ich noch nie gefahren war. Ich konnte plötzlich Leistungen abrufen, von denen ich keine Ahnung hatte. Die Spitze wechselte durch, Anton passte auf, dass ich nicht verloren ging und so machten wir Strecke bis zum nächsten Pausenpunkt. Pures Glücksgefühl. Wer hätte gedacht, dass Radfahren in der Gruppe so viel Spaß machen kann?!
In dieser Pause verloren wir dann aber den Anschluss. Anton entschied sich sehr spät für eine Pinkelpause und das „Feld“ fuhr ohne uns davon. Da es aber sehr wahrscheinlich war, dass die meisten Fahrer aus dem Pulk eh die weiteste Strecke fahren würden (150km), war das dann aber auch nicht weiter schlimm. Den Rest der Strecke legten Anton und ich dann zu zweit zurück, kein anderer Fahrer weit und breit. Das Tempo versuchten wir aber stabil zu halten. Und so war ich dann auch am Ende der Strecke eben das: am Ende.
5km vor Ziel passiert es dann. Anton zeigte mir noch Schienen auf der Straße an, ich meine auch die schräg angefahren zu sein, jedoch blieb mein Rad irgendwie hängen und ich machte einen sehr unsanften Abgang auf den Asphalt.
Schockmoment, denn alles tat mir plötzlich weh.
Nach einigen Sekunden war aber klar, zum Glück nichts gebrochen, nur Schürfwunden und Prellungen und dem Rad ging es halbwegs gut. Irgendwie schaffte ich es noch die letzten Kilometer unter Schmerzen zurückzulegen. Und dann war sie geschafft, unsere erster RTF.
Bilanz: Es braucht einen neuen Schalthebel und ein neues Lenkerband + ich schwöre jetzt Stein und Bein auf Radbekleidung von Rapha. Mein Kit hat fast nichts abbekommen, obwohl meine Haut darunter deutlich vom Asphaltbesuch zeugt. Aber das wichtigste: 31er Schnitt, so schnell war ich noch nie. Ok, es gab auch keine Höhenmeter in Brandenburg, aber trotzdem. Dieses RTF, das machen wir nochmal! Dann aber ohne Sturz und mit mehr Grupetto!