Mallorca: Ein Radlerparadies

Ich wollte mal wieder raus aus München. Warum das Ganze nicht gleich mit Radfahren verbinden dachte ich? Ein paar Klicks im Internet später hatte ich auch schon das passende gefunden. „Lady Rennrad-Woche“ auf Mallorca. Ich war noch nie auf Mallorca (ok, vielleicht einmal mit 4, da weiß ich aber nichts mehr von) und hatte natürlich diverse Klischees im Kopf.

Ballermann, „Goodbye Deutschland“ Folgen voll mit gescheiterten Existenzen und zwielichtigen Gestalten, Sangria Eimer und Bettenburgen. Aber irgendwie meinte ich mich auch an Instagram Fotos zu erinnern, auf denen Rennradfahrer auf Bergpässe mit Meer im Hintergrund zu sehen waren. Ein Versuch wert, dacht ich mir. Kurzfristig gab es auch noch ein Plätzchen für mich und zwei Wochen später sitze ich auch schon im Flieger gen Palma..

Cala Sant Vinenc
Beliebter Pausen-Spot in Cala Sant Vicenç.

Am Flughafen angekommen Menschenmassen überall, die Woche vor Ostern scheint Ferienzeit zu sein (kinderlose Menschen sind Ferienzeiten vollkommen unbekannt). Erste Personen mit Radkoffern. Jemand mit Helm am Kofferband. So verkehrt kann ich nicht sein. Zum Hotel geht es mit dem Bus. Auf der einstündigen Fahrt immer wieder Rennradfahrer, rechts, links, zu zweit, zu sechst, zu zehnt. Die Aufregung steigt. Je weiter wir in den Norden fahren desto mehr Radfahrer sehe ich. So ist das noch nicht mal an einem sonnigen Sonntag in München (zumindest bisher, habe ja lediglich 5 Wochen Erfahrungshorizont).

Im Hotel treffe ich auf die andern „Ladies“. Vorstellungsrunde. Jeder muss sagen aus welchem Sport er kommt und wie lang er schon Rennrad fährt. Nach Triathletin 1 (u30) und Triathletin 2 (ü50) und Frauen die „jeden Tag Sport machen“ bin ich an der Reihe. Eh, ich fahr seit 5 Wochen Rennrad. Stille. Achja und aus welchem Sport ich komme, also Sport, im Winter mach ich ein bisschen Langlaufen. Und sonst fahr ich mit dem Rad zur Arbeit. Stille. Triathletin 1 möchte sofort in die Männergruppe wechseln. Ich muss versichern, dass ich schon mal mit Klick-Pedalen gefahren bin (immerhin schon 3 Mal) und dass das schon läuft bei mir mit dem auf dem Rad bleiben.

Am nächsten Morgen Treffpunkt im Fahrradekeller. Und was für ein Fahrradkeller.

Unter dem Hotel findet man jede erdenkliche Rennrad-Marke, Räder-Reihen fein säuberlich an den Wänden aufgehängt, Carbon dicht an dicht, ein Fahrradfahrer-Traum.

Geschäftiges Treiben. Ich suche mein Rad. Cannondale Synapse, 56er Rahmenhöhe, Carbon, Ulterga Schaltung, Scheibenbremse. Besser als meins zuhause. Läuft. Und ab gehts auf die erste Tour. Vorsichtiges Herantasten an das Gruppenfahren. Zum Anzeigen der Richtung und von Löchern im Straßenbelag muss ich eine Hand vom Lenker nehmen. Schwierig, geht aber irgendwie. Auch sind die anderen gar nicht mal so viel schneller als ich. Und irgendwie kommt mir das ganze ziemlich machbar vor. I got this.

Cannondale vor Strand
Mein Leihrad: Cannondale Synapse.

Wer bisher noch nicht im April und Mai auf Mallorca Radfahren war dem soll gesagt sein:

Mallorca ist das MEKKA des Rennradfahrens in der Vorsaison.

Keine Straße auf der uns nicht mindestens 50 Radfahrer entgegenkommen. Radvereine aus ganz Europa, sogar aus Kanada (man kommt schnell ins Gespräch).

Trikots in allen erdenklichen Farben und Formen. Räder für bis zu 15.000 Euro. Alte, junge, kleine, große, dicke und dünne Radfahrer. Vor jedem Café extra Fahrradständer. Der ganze Norden der Insel hat sich komplett auf den Radtourismus eingestellt. Man sieht mehr Fahrradhelme als Schafe. Und es gibt echt viele Schafe auf Mallorca. Sollte man tatsächlich einmal gesehen haben.

Das Beste an dem ganzen Trip sind jedoch die unglaublich schönen Strecken und die Atemberaubende Landschaft. Bergpässe mit Meerblick. Kleine Landstraßen mit Blumenwiesen rechts und links. Esel, Pferde, Schafe, selbst Truthähne. Und immer wieder Strecken mit sehr sehr wenig Verkehr. Ein Radelparadies! Ich kann jedem nur empfehlen in der Vorsaison einen Trip nach Mallorca zu machen, es ist einfach eine unglaubliche Atmosphäre.

Schafe auf Mallorca
Schafe auf Mallorca.

Die „Lady Rennrad-Woche“ entpuppt sich als Volltreffer, total nette Gleichgesinnte treffen macht einfach Spaß und mit Frauen fahren ist dann doch nochmal anders als mit Männern. Da ist es auch ok, wenn mal bei einer besonders schönen Bluemenwiese für eine Fotosession angehalten werden muss und Mandelkuchen-Stops sind obligatorisch. Nach einer Woche weiß ich:

Rennrad ist mein Ding!

Und eventuell muss ich jetzt doch mein Rad daheim upgraden. Eine Woche auf Carbon und Scheibe ist nicht spurlos an mir vorbei gegangen. Das Groschengrab lässt grüßen.

Für alle Routen ist kein Platz, aber hier meine Anfänger-Lieblingsrunde zum Cap Formentor: